Freitag, 15. Mai 2009

CCS als CO2-Ersatzdroge

Nun wollte ich nochmal von einer weiteren sehr interessanten Veranstaltung am Mitwoch im Rahmen der Campustour 2009 unter dem Titel "Neue Kohlekraftwerke? Welche Verantwortung trägt die Wissenschaft?" berichten. Diskussionsteilnehmer waren zum einen Pastor Dr. Thomas Schaack (Umweltbeauftragter der nordelbischen Kirche), Prof. Dr. Klaus Wallmann (Institut für Meeresforschung, Kiel), sowie Karin Heuer (Bildungsreferentin für nachhaltige Entwicklung der Heinrich-Böll-Stiftung, Moderation).

Zunächst berichtete Prof. Wallmann von seinem Arbeitsbereich. Er beschäftigt sich damit, wie sich Gase im geologischen Untergrund verhalten und versucht eine sichere Variante für CCS (Carbon Capture and Storage = CO2-Abscheidung und -speicherung) zu entwickeln. Dabei betrachtet er besonders die Speicherung von CO2 im Meeresgrund, da dies zwar teurer, aber wesentlich sicherer sei, als die Speicherung in der Erdkruste.

Danach berichtete Dr. Schaack kurz über die Problematik, dass in der Wissenschaft häufig ein moralischer Filter fehle und diese niemals wertneutral, sondern immer von irgendwelchen Interessen geleitet sei. Dies bot Vorlage genug, sich einmal mit der Finanzierung des sogenannten SUGAR-Projektes (= Submarine Gashydrat-Lagerstätten: Erkundung, Abbau und Transport) zu beschäftigen. Dieses Projekt hat 13 Millionen Euro an Fördermitteln erhalten: 7.4 Millionen vom Bundesministerium für Wirtschaft, 2.7 Millionen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und 2.9 Millionen von Firmen wie Eon, RWE, aber auch Stadtwerke Kiel.
Dennoch gilt für diese Energiekonzerne wie sich herausstellt CCS nur als Plan B. Kohlekraftwerke ohne CCS sind wesentlich effizienter (da die Abscheidung von CO2 einen Energieverlust bis zu 45% kostet). Mithilfe dieser und mittels Atomkraftwerke soll die Energieversorgung der nächsten Jahrzehnte gesichert werden. Da allerdings der Klimawandel eine immer breitere Masse in der Öffentlichkeit erreicht, ist vollkommen klar, das dieser Weg nicht öffentlich vertretbar ist. Deshalb versuchen die Energiekonzerne über CCS ihre Kohlekraftwerke zu erhalten bzw. neue zu bauen. Die neuen KKWs, die in nächster Zeit entstehen sollen (und von den Geldern aus dem Emmissionszertifikatehandel mitfinanziert werden), müssen mit der CCS-Technik allerdings noch nicht ausgestattet werden. Und dies wird auch nur passieren, wenn die Emmissionszertifikate irgendwann einmal teurer als die CO2-Abscheidung sein sollte - zum Vergleich: im Moment kostet ein Zertifikat 9,99 Euro (Stand: 04.02.09), womit man die Berechtigung erhält, eine Tonne CO2 zu emmittieren. Damit sich die CCs-Technik rechnet, müsste ein Zertifikat allerdings 30 bis 50 Euro kosten.

Prof. Wallmann machte gleichzeitig auch deutlich, dass es sich bei der CCS-Technik um einen reinen Verzweiflungsakt handelt: die Wissenschaftler wissen, was notwendig ist, um den Klimawandel aufzuhalten - aber in der Politik passiert nichts. Es möchte also niemand die Entwicklung der Eneuerbaren Energien aufhalten (mal abgesehen davon, dass Regionen, in die CO2 gepumt wurde, nicht mehr für Geothermie oder wie in Brunsbüttel der Fall für die Speicherung von Windenenergie in Form von Druckluft möglich ist). Allerdings müsse man laut Wallmann immer abwägen, was man für wichtiger halte.

Außerdem darf man bei der ganzen Sache nicht vergessen, dass CCS sich erst in den Anfangszuständen befindet: die Techniken müssen erst für Großkraftwerke entwickelt und die Speicherstätten erst getestet werden ("Wahrscheinlich werden 8 von 10 erstmal undicht sein."). Und tief im Meeresboden weiß man schon, was passiert: der pH-Wert wird auf 3.5 abfallen und die dort lebenden Bakterien würden dies nicht überleben - ein Ökosystem zerstört. Und sollte der Fall eintreten, dass das CO2 entweicht, wäre auch das nicht so schlimm, da es sich um kein giftiges Gas handele. Falls wir aber dadurch den Tipping Point (siehe unten) erreichen, kann es weitaus schlimmer werden, als ein Leck wie Asse...

Zuletzt verglich Wallmann CO2 mit einer Droge - man kommt nicht runter und Methadon in Form von CCS kann erstmal helfen. Jetzt ist klar, warum die Bundesregierung unverantwortlich schnell CCS gesetzlich ermöglichen möchte.

Mehr zum Tipping-Point:



PS: Geschenktipp - Emmissionszertifikat. Bei "The Compensators" kann man Emmissionszertifikate kaufen und vernichten lassen, sodass der Industrie nicht mehr so viel CO2-Ausstoß zur Verfügung steht. Allerdings hat die Organisation zur Zeit Probleme beim Kauf der Zertifikate.

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